Die Liste bietet eine Auswahl der Vorträge Agathe Laschs :
Plattdeutsch in Berlin.
Vortrag im Rahmen der "Hamburger Vortragsabende" der Vereinigung
Quickborn am 11.11.1918 im Hörsaal A des Alten Johanneums.
"[…]
Der Berliner sagt mit Vorliebe m i r , 'selbst da, wo's richtig
ist'. Eine hübsche Zusammenstellung niederdeutscher Sprachreste im
heutigen Dialekt gibt der Scherzreim:
Ick und det und kiekemal
Oogen, Fleesch und Beene,
Wir Berliner allzumal
Schprechen jarzu scheene.
Weitere
niederdeutsche Reste finden sich im Satzbau, in der Bildung der
einzelnen Laute, in der Wort- und Satzbetonung. – Wenn aber auch
das Hochdeutsche die niederdeutsche Sprache Berlins verdrängt hat,
so schloß die Rednerin ihren mit großem Beifall
aufgenommenen Vortrag, die norddeutsche Art ist geblieben, und die
niederdeutsche Stammesart verbindet noch heute den Hamburger und den
Berliner." – wl in: Quickborn 12 (1918/19), Nr. 2, S. 45 f.
Einige Kapitel aus der Geschichte des Hamburger Platt. Vortrag im Rahmen der "Kleinen Abende" am 29.01.1921 im Hörsaal A des alten Johanneums (Stadtbibliothek).
"Die
über ein ganz erstaunliches Wissen auf diesem Gebiet
verfügende Vortragende schilderte anschaulich und anregend die
hamburgische Sprachform während der mittelniederdeutschen Zeit.
Sie wies auf die Unterschiede zwischen dem damaligen und dem heutigen
Niederdeutsch und berichtete dann, wie das Hochdeutsche hier in Hamburg
einzog und allmählich das Plattdeutsche immer mehr
zurückdrängte. […] An den Vortrag knüpfte sie die
Bitte an alle Hamburger, die Sammelstelle für das Hamburgische
Wörterbuch […] durch Einsendungen von hamburgischen
plattdeutschen Beiträgen jeglicher Art zu untersützen.
– Es sei erwähnt, daß die Sammelstelle, die mit 12 000
Zetteln aus der Waltherschen Sammlung begann, jetzt bereits über
100 000 Zettel verfügt." – In: Quickborn 12 (1920/21), Nr.
3, S. 77.
Über Mundartgrenzen. Vortrag, gehalten am 9.12.1921 in der Deutschen Gesellschaft in Hamburg.
Grundsätzliches zur Gruppierung der niederdeutschen Mundarten. Vortrag bei der Jahresversammlung des Vereins für niederdeutsche Sprachforschung vom 6. und 7. Juni 1922 in Goslar.
"Ich
nenne von den Vorträgen des 1. Tages an erster Stelle den
methodisch wichtigen, scharfsinnigen Vortrag von Frl. Dr. Lasch –
Hamburg über: 'Grundsätzliches zur Gruppierung der nd.
Mundarten', in dem sie sich besonders mit der jetzt so stark in den
Vordergrund getretenen dialekt-geographischen Methode der
Mundartenforschung auseinandersetzte und die Unentbehrlichkeit der
sprachgeschichtlich-philologischen Methode nachzuweisen bemüht
war." – C. Borchling in: Korrespondenzblatt des Vereins für
niederdeutsche Sprachforschung 38 (1922/ 23), S. 3f.
Vom Werden und Wesen des Niederdeutschen. Vortrag
im Rahmen der Feier zum 50-jährigen Bestehen des Vereins für
niederdeutsche Sprachforschung am 06.10.1924 in Hamburg.
Die Sprache der Hamburger. Teil I. Vortrag im Hörsaal A des alten Johanneums (Speersort) am 02.02.1927 in Hamburg.
Die plattdeutsche Dichtung in Hamburg im 17. und 18. Jahrhundert. Vortrag bei der Vereinigung Quickborn am 07.04.1927.
"Klar
und spannend wurde der Gebrauch des Niederdeutschen im Drama und im
Fastnachtsspiel, im Gelegenheitsgedicht, in der Satire und an anderer
Stelle geschildert. […]" – In: Quickborn 20 (1926/27), Nr.
3, S. 96.
Niederdeutsche Sprache als Ausdruck der Siedlungs- und Bildungsgeschichte.
Vortrag bei der Tagung der "Gesellschaft für deutsche Bildung"
(Deutscher Gemanistenverband) E.V. und "Deutschkundliche Woche des
deutschen Heimatbundes" in Danzig vom 3. bis 8. Oktober 1927.
"[…]
Zugrunde liegt der Betrachtung die Erkenntnis, daß
Sprachgeschichte als Ausdruck der Zeitgeschichte, der politischen und
der Geistesgeschichte (Kultur und Bildungsgeschichte) zu verstehen ist.
Das tritt besonders eindrucksvoll in der Geschichte des Niederdeutschen
hervor.
Die
Hanse hat dem Küstengebiet von Nord- und Ostsee die niederdeutsche
Sprache diktiert, wie denn Dänisch und Skandinavisch noch heut
vielfach niederdeutsch durchsetzt ist. Schon das 14. Jahrhundert kennt
Bestrebungen, die sich auf eine mittelniederdeutsche Schriftsprache
richten. Das Lateinische konnte der Handelsmacht, die hinter der
Kulturmacht der Sprache steht, nichts nützen: eine Volkssprache
brauchte man, für das Recht nicht minder. Die mittelniederdeutsche
Dichtung dagegen, dem Umfang nach dürftig, borgt sich die Sprache
aus den Niederlanden oder, in der Chronistik, aus dem Niederdeutschen.
Den Stoffhunger stillen sich die Patriziersöhne an alten
Sagenstoffen.
Das
mittelniederdeutsche Sprachgebiet ist seit dem 17. Jahrhundert
hochdeutsch geworden; seine einst weitreichende Sprachherrschaft erwarb
es sich besonders unter dem Zeichen des Magdeburger Rechts, das bis
Danzig, Thorn, Krakau vordrang – nach Osten also, nicht
westwärts. Zu gleicher Zeit aber drang der niederdeutsche
Kaufmann, der bereits von Westfalen aus Flandern und England gewonnen
hatte, über Hamburg weit nach der Ostsee vor, und
westfälisch-niederdeutsche Spuren finden sich in der zweiten
Hälfte des 13. Jahrhunderts allenthalben, wie in der Baukunst, so
in der Sprache; besonders die Namenforschung bestätigt diese
starke westfälische Kolonisierung. In dem Maß aber, wie der
Westfale etwa von 1300 ab mehr nach dem Westen geht und von der Ostsee
zurücktritt, übernimmt Lübeck hier mit der
wirtschaftlichen auch die sprachliche Führung, ja weit über
die Grenzen Niederdeutschlands hinaus; selbst der Bremische Kaufmann um
1350 schreibt seine Briefe in lübeckischer Schriftsprache. Und
wenngleich der flandrisch-niederländische Kaufmann an dieser
Sprache wenig teilnimmt, so versteht man doch überall, wohin die
Hanse dringt, von Brügge bis Reval, die e i n e
niederdeutsche Hansesprache und schöpft daraus das Gefühl der
Zusammengehörigkeit. Ja, die Kraft der Hanse zwingt die Westfalen
zum sprachlichen Anschluß und führt im zweisprachigen Danzig
das Niederdeutsche zum Sieg. Der Höhepunkt dieser Schriftsprache
fällt ins 15. Jahrhundert.
Eine
neue Kulturzeit spiegelt sich in der niederdeutschen Sprachgeschichte,
als die politischen, wirtschaftlichen und geistigen Verhältnisse
die Aufnahme der hochdeutschen Schriftsprache erzwangen: die Denkweise
des Humanismus marschiert an; das Speyerische Reichskammergericht, das
die Land- und Stadtrechte verdrängt, fordert Anschluß an das
Hochdeutsche; die Hansamacht zerbröckelt, das Schwergewicht des
Handels gleitet nach dem Süden. So wird Hochdeutsch Gemeinsprache,
Niederdeutsch Mundart, provinzielle Umgangssprache, die des
Rückhalts einer schriftsprachlichen Hochform entbehrt. Selbst
Lübeck öffnet sich jetzt, da es seine Herrscherstellung
verloren hat, schließlich der Sprache des wirschaftlich
aufblühenden Westens. – Im 17. Jahrhundert ist dann
Niederdeutsch die minderwertige, niedere Verkehrssprache, die nur
familiäre Umgangssprache, und es lebt literarisch nur fort in der
Satire, im Gesellschaftlied, auch im mundartlichen Zwischenspiel
hochdeutscher Dramen. Das Hochdeutsche wiederum erhält seine
letzte Festigung in Niederdeutschland durch die maßgebenden
Sprachlehren Schottels und Bödikers.
Heimatliebe
rettet das Niederdeutsche, auch die Gelehrsamkeit, seit Leibniz die
Anregung gegeben, den niederdeutschen Wortschatz zu sammeln. So gewinnt
es im 18. Jahrhundert wieder an Wertschätzung, an Raum und Leben,
bis im 19. Jahrhundert Reuter, Groth, Brinckmann und Fehrs ihm sein
Recht, seine Literaturfähigkeit wiedergeben. Es in Schule und
Haus, Dichtung und Schauspielkunst zu schätzen und zu
schützen ist Pflicht; doch sollte, da Geistes- und
Wirtschaftsleben heut nicht minder zwingend sind als vor vier
Jahrhunderten, eine Uebertreibung wie das neuerliche Streben nach einer
niederdeutschen Schriftsprache abgebremst werden – um der Einheit
der Nation willen." – Vorliegender
Bericht stammt aus einem nicht näher gekennzeichneten
Zeitungsartikel-Ausriss aus einer zeitgenössischen Hamburger
Tageszeitung. Dieser lag – zusammengefaltet – in Conrad
Borchlings Exemplar von Agathe Laschs "Aus alten niederdeutschen
Stadtbüchern".
Sprache und Sprachbewegungen in Hamburg im 17. Jahrhundert. Vortrag beim Deutschen Sprachverein am 13.03.1930 in Hamburg, Johanneum (Speersort).
Die niederdeutschen Runenfunde in der Unterweser. Vortrag bei der Jahresversammlung des Vereins für niederdeutsche Sprachforschung vom 26. bis 28. Mai 1931 in Bremen.
"[…]
Die Runenknochen haben in letzter Zeit starkes Aufsehen erregt und eine
lebhafte Diskussion hervorgerufen. Es handelt sich um 6 Knochen, die
bei Gelegenheit der Unterweserkorrektion in den Jahren 1927 bis 28 von
Aufspülplätzen in der Nähe von Brake in Oldenburg
gefunden sind, teils mit Zeichnungen, teils mit Runen und Zeichnungen
versehen. Sie befinden sich im Oldenburger Naturhistorischen Museum
[…].
Die
Diskussion hat bei Altertumskundlern wie bei Germanisten lebhaft
eingesetzt, und die Vortragende stellte daher zunächst die
Grundfrage, die Frage der Echt- heit. Hier hatte schon der Entdecker,
v. Buttel-Reepen, vorzügliche Arbeit geleistet. Knochen und
Technik erwiesen sich als alt, die Fundumstände geben dem Gedanken
an Fälschung keine Stütze, und so wird sowohl die
Altertumskunde wie die Runenkunde aus diesen Knochen ganz neue
Erkenntnisse schöpfen. Die Philologie ihrerseits hat die
Wortformen zu prüfen. – 3 dieser Knochen tragen Inschriften
in der sogenannten älteren Runenreihe. Ein vierter Knochen ist mit
Zeichen bedeckt, die als ein Gemisch von Runen und lateinischen
Buchstaben angesehen werden. Sie lassen sich aber wohl rein als Runen
deuten, die magischen Zwecken gedient haben mögen. […] Nach
sprachlichen Erwägungen werden die Knochen in das 5. oder 6.
Jahrhundert n. Chr. zu setzen sein. Der Sprachform nach werden sie als
'voraltsächsisch' bezeichnet werden müssen. Die Referentin
stellte sich weniger die Aufgabe, die Runeninschriften in
befriedigendes Neuhochdeutsch umzusetzen, vor allem beschäftigte
sie sich mit der Frage, ob wir die Formen in das System der
westgermanischen Sprachform einordnen können. […]
Eine
weitere Frage macht die Runeninschriften interessant, die Frage nach
den Beziehungen dieser chaukisch-sächsischen Gruppe zu dem
Anglofriesischen. Die Vortragende stellte im Lichtbild Runenfunde aus
friesischen Terpen, die ungefähr derselben Zeit angehören,
neben die Weserrunen, und es zeigte sich, daß die
größere Zahl der friesischen Funde anders als die Weserrunen
die wohlbekannte anglofriesische Runenform benutzen; hier liegen also
andere Beziehungen vor, eine Beobachtung, die für die noch immer
nicht einheitlich beantwortete Frage nach der sprachlichen
Vorgeschichte der anglofriesischen und der sächsischen Gruppe
höchst bedeutungsvoll ist. Die Runenfunde sind also epochemachend
für die verschiedensten Gruppen; man darf auch aus verschiedenen
Anzeichen hoffen, daß sie nicht die einzigen auf
altsächsischem Gebiete bleiben." – Johannes Saß:
[Bericht über die] Jahresversammlung 1931 in Bremen. – In:
Nd. Kbl. 44 (1931), S. 17–29, hier: S. 21ff.
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